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Harte Verhandlungen um "historische Entscheidung" zu EU-Asylsystem

In Brüssel wird am Donnerstag über ein neues EU-Asylgesetz diskutiert.
In Brüssel wird am Donnerstag über ein neues EU-Asylgesetz diskutiert. ©APA/Themenbild
Nach jahrelangem Ringen wollen sich die EU-Staaten endlich auf die zentralen Streitfragen für das künftige gemeinsame EU-Asylsystem verständigen.

Bei den Verhandlungen der EU-Innenminister am Donnerstag in Luxemburg zeichnet sich jedoch keine schnelle Einigung ab. Umstritten sind die Vorschläge zur verpflichtenden Verteilung der Asylsuchenden in der EU sowie die Vorprüfungen von Asylanträgen an der europäischen Außengrenzen von Menschen mit geringer Aussicht auf Bleiberecht.

"Schnellere, schärfere, gerechtere Verfahren"

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) stimmte zu Beginn der Beratungen auf ein "hartes Ringen" ein. "Gerade die letzten Meter eines Weges sind oft die härtesten und schwierigsten, daher erwarte ich intensive Verhandlungen", sagte Karner vor dem Treffen. Es bräuchte "schnellere, schärfere und damit gerechtere Verfahren an den EU-Außengrenzen". Zudem werde er für Asylverfahren in "sicheren Drittstaaten" kämpfen, betonte der Innenminister weiter.

Auf die Frage nach der Verteilung von Flüchtlingen und möglichen Kompensationszahlungen antwortete Karner: Österreich habe "in der Vergangenheit immer wieder Solidarität gezeigt" wie etwa mit österreichischen Polizisten an der ungarisch-serbischen Grenze. Karner unterstrich, dass in Österreich in den letzten Jahren pro Kopf die zweitmeisten Asylanträge gestellt wurden.

Schengen nicht mehr möglich

Österreich und die Niederlande machten laut Deutscher Presse-Agentur in der Sitzung deutlich, dass ihnen ein Teil der vorgesehenen Regeln für einen effizienteren Kampf gegen illegale Migration nicht weit genug geht. Andere Staaten wie Deutschland forderten hingegen Abschwächungen. Berlin will nicht akzeptieren, dass Familien mit Kindern nach einem illegalen Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in Asyl-Schnellverfahren kommen könnten.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser drängte im Vorfeld auf eine "historische Entscheidung". Im ARD-"Morgenmagazin" sagte Faeser: "Ich befürchte, wenn wir kein gemeinsames Asylsystem bekommen, dann fallen wir in die Nationalstaatlichkeit zurück." Wahrscheinlich sei dann Schengen mit offenen Grenzen nicht mehr möglich. Für Deutschland stelle eine Einigung in der Asylfrage deshalb einen guten Kompromiss dar.

"Solidaritätsmechanismus"

Italiens Regierung erklärte, dass sie die geplanten Regelungen für mehr Solidarität noch für unzureichend hält und dass sie in manchen Bereichen mehr Flexibilität will. Die Asylreform ohne Unterstützung der Regierung in Rom auf den Weg zu bringen, gilt als wenig sinnvoll, da in dem Land derzeit die meisten Migranten ankommen und die EU darauf angewiesen ist, dass sich Italien an die neuen Regeln hält.

Umstritten ist vor allem die Umverteilung der an den EU-Außengrenzen ankommenden Asylwerbenden innerhalb der EU. Dieser verpflichtende "Solidaritätsmechanismus" soll in Ausnahmefällen, wie etwa bei einer hohen Ankunft an Schutzsuchenden greifen - doch die Fronten unter den EU-Staaten sind verhärtet.

20.000 Euro pro Asylbewerber

Während Staaten wie Österreich, Polen und Ungarn eine verpflichtende Quote bei der Umverteilung strikt ablehnen, fordern südliche Länder wie Italien und Griechenland, in denen viele Migranten ankommen, seit Jahren mehr Unterstützung. Künftig soll es aber die Möglichkeit geben, sich von der Flüchtlingsaufnahme freizukaufen. Im Gespräch waren zuletzt Kompensationszahlungen um die 20.000 Euro pro Asylbewerber.

Außerdem ringen die EU-Minister um Asyl-Vorprüfungen an den EU-Außengrenzen. Wer aus einem Staat einreist, der als relativ sicher - wie derzeit etwa Tunesien, Ägypten und Bangladesch - gilt, könnte künftig nach dem Grenzübertritt in eine streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtung kommen. Dort würde dann innerhalb weniger Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat - wenn nicht, würde er umgehend zurückgeschickt werden.

"Schnellsstmögliche Entscheidung"

Voraussetzung für einen Beschluss am Donnerstag ist die Zustimmung von 15 EU-Staaten, die gleichzeitig zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Kommt es zu einer Einigung, müssten sich die Mitgliedsländer noch mit dem EU-Parlament auf den finalen Gesetzestext verständigen.

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola forderte eine zügige Entscheidung. "Wir brauchen jetzt von allen EU-Ländern einen konstruktiven Ansatz und eine schnellstmögliche Entscheidung, idealerweise an diesem Donnerstag", sagte Metsola der "Welt" (Donnerstagsausgabe). Dann könne das EU-Parlament das neue Migrations- und Asylpaket der EU noch vor dem Ende der Legislaturperiode im Juni 2024 verabschieden. "Wir können uns nicht erlauben Zeit zu verlieren, möglicherweise sogar Jahre", sagte Metsola.

(APA)

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